Otto Albrecht (9)
Gegenüber dem Gasthaus Krone an der Straße in Richtung Wittenweiler stand das Gasthaus Löwen, von dem nur noch Teile des Gewölbekellers erhalten sind. Das Anwesen fiel 1978 einer Brandstiftung zum Opfer.
Der Maler Otto Albrecht lebte hier nach der Heirat mit der Tochter des Hauses, Emma Baier, und der wachsenden Familie bis zu der Deportation des Paares 1942.
Otto Viktor Albrecht kam 1881 in Berlin zur Welt und lernte von seinem Vater dort das Handwerk des Stuben- und Schildermalers. Seine Fähigkeiten ermöglichten ihm anschließend den Besuch der Fachschule für Theatermalerei und Dekoration in Düsseldorf. Seine herausragende künstlerische Begabung ebnete ihm danach den Weg zur Aufnahme an die Kunstakademie in München, wo er sein Talent in der klassischen Malerei als auch im Expressionismus und Impressionismus zur Entfaltung brachte. Nach seinem Studium reiste er nach Italien und in die Schweiz und fertigte dort Gemälde und Landschaftsstudien an. Auch in der Künstlerkolonie Worpswede hielt er sich eine kurze Zeit auf.
Otto Albrecht begegnete 1912 auf dem Gutshof Warneck in Pommern, auf dem seine Tante lebte, dem Amlishagener Heinrich Bürger. Der weilte dort als Praktikant, um seine landwirtschaftlichen Kenntnisse für den elterlichen Betrieb des Ritterguts auf Burg und Schloss Amlishagen zu vertiefen. Angetan von Gemälden und Fresken, die Otto Albrecht in Warneck bei früheren Ferienaufenthalten gefertigt hatte, lud er ihn ein, den Rittersaal des Schlosses in Amlishagen ebenfalls mit Fresken zu verschönern. Anlass war die anstehende eigene Hochzeit.
Otto Albrecht nahm den Auftrag an und begann im Herbst 1912 mit der Arbeit in Amlishagen. Kost und Logis nahm er im Gasthaus „Löwen“ ein, wo er dann seine spätere Frau Emma Baier, die Tochter des Hauses, kennenlernte.
Im August 1914 wurde Otto Albrecht als Gefreiter des Infanterie-Regiments eingezogen und kehrte erst endgültig zu Weihnachten 1918 von der russischen Front nach Amlishagen zurück. Doch während eines Heimaturlaubes im Jahr 1917 heirateten er und Emma Baier in der Kirche in Amlishagen (sie bekamen 2 Töchter und 2 Söhne). Nach seiner Heimkehr richtete sich Otto Albrecht im Gasthaus „Löwen“ ein geräumiges Atelier im Dachstuhl des Hauses ein. Er fand seine Motive in der Natur und im Dorf. Nach wirtschaftlich schwierigen Zeiten in den frühen zwanziger Jahren war gegen Ende der zwanziger Jahre reger Zuspruch da und Albrecht erhielt Aufträge von zahlungskräftigen Kunden.
Von Zeitzeugen wurde er als „weltoffener, kluger, umgänglicher und nachdenklicher“ Mensch geschildert, scharte er im Gasthaus „Löwen“ einen großen Freundeskreis, auch
aus dem Dorf, um sich. In diesen Runden machte Otto Albrecht keinen Hehl aus seiner pazifistischen, menschenfreundlichen Geisteshaltung. Als sich der NS- Gedanke ausbreitete, wurde Albrecht und die Familie immer mehr gemieden. Ein Angebot der NSDAP-Kreisleitung doch Hitler-Bilder zu malen, um so die „deutsche Gesinnung“ zu zeigen, lehnte er empört ab.
1942 kam es zu einer Untersuchung des Anwesens und der Verhaftung der Eheleute durch die Gestapo. Nach Wochen in den Ellwanger Gestapo-Zellen wird Otto Albrecht in das KZ Dachau gebracht. Später wurde er in das KZ Sachsenhausen überstellt, wo er am 14. Februar 1943 starb. Seine Frau erhielt die Nachricht von seinem Tod im Frauen-KZ-Ravensbrück, von wo sie auf die mutige Initiative ihrer beiden Söhne hin 1944 entlassen wurde.
Beide Töchter, Gisela und Elfriede, waren Verhören der Gestapo ausgesetzt. Die Tochter Gisela besonders. Sie erholte sich nie wieder ganz von dieser Marter. Auch sie war Malerin und vollendete das letzte unfertige Bild ihres Vaters nach seinem Tod. Sie ist auf dem Friedhof in Amlishagen beigesetzt.
Quelle: Buch Otto Albrecht - 1881-1945 – Ein Malerschicksal in Hohenlohe (ISBN 978-3-942081-03-0)